Autor:innenstipendien

Autor:innenstipendien
Stipendien schaffen Freiräume zum Beobachten und Beschreiben gesellschaftlicher Prozesse. Besonders in politischen und gesellschaftlichen Überganssituationen ermöglichen Stipendien eine kritische Öffentlichkeit, in dem sie schreibende Menschen unterstützen.
Projektbeschreibung
Der Sudan steht nach dem Sturz des Diktators al-Bashir im Jahr 2019 noch immer am Anfang eines komplizierten Demokratisierungsprozesses. Der langjährige Diktator ist gestürzt, das Militär verfügt nach wie vor über wichtige Machtpositionen. Der Übergang in eine zivile und demokratische Gesellschaft braucht eine kritische Öffentlichkeit, also Unterstützung von handelnden und schreibenden Menschen. Deshalb baut die in Wien lebende sudanesische Autorin Dr. Ishraga Mustafa Hamid ein Netzwerk auf, in dem insbesondere schreibende Frauen gefördert werden. „Malkat Ed-Dar-Literaturstipendium“ nennt sie ihr Projekt, das Freiräume zum Beobachten und Beschreiben gesellschaftlicher Prozesse schafft. Gefördert werden über einen Zeitraum von fünf Monaten drei Schreibwerkstätten und zwei Autorinnen. Die Schriftstellerin und Verlegerin Sara Aljack und – per Zoom – Dr. Ishraga Mustafa Hamid betreuen die Schreibwerkstätten. Der Förderbetrag in Höhe von 1.800€ wurde durch einen Spendenaufruf von Afrikanische Perspektiven e.V. aufgebracht. Texte aus diesem Projekt wurden 2022 in einer Lesung in Münster vorgestellt. Von ausgewählten Texten machte die Sprecherin Sarah Giese Tonaufnahmen, die im Internet zu hören sind.
Stand des Projekts

12. Juli 2023

Die Tonaufnahmen „Sehnsucht nach Freiheit – Texte aus dem Sudan“, herausgegeben von Dr. Ishraga Mustafa Hamid und unserem Verein sind nun im Internet abrufbar.

Die Lage im Sudan hat sich leider weiter verschlimmert. Umso mehr brauchen die Menschen unsere Solidarität und Unterstützung.

Hinweis auf schwierige Inhalte: Die Texte enthalten Beschreibungen von Krieg, Gewalt, Missbrauch oder Diskriminierungserfahrungen, die negative Gefühle, Erinnerungen oder Flashbacks auslösen können.

 

Inhalt

  1. „Sechster April“
    von Ishraga Mustafa Hamid (6:34 min)
  2. „Das stumme Mädchen“
    von Hassanat Adam Omar Muhammed (4:37 min)
  3. „Die Zeit des Bewusstwerdens“
    von Ghada Yassir Abbas (3:29 min)
  4. „Wie ich den 6. April 2019 erlebte“
    von Hana’a Muhammed Abd al–Rahman (6:59 min)
  5. „Was nach dem Überfall auf das Dorf Amira geschah“
    von Kalthoum Fadlalla (6:23 min)
  6. „Das Sternschnuppenmädchen“
    von Sakina Siraj Uthman Hussain (12:00 min)
  7. „Ein Opfer der Ignoranz“
    von Asa’d Abd al-Wali Ahmed (8:06 min)
  8. „Gitter“
    von Tanzil Abu al-Qassim Umar (10:24 min)

 

Links zu den Tonaufnahmen

Deezer
https://www.deezer.com/de/show/1000776552

Spotify
https://open.spotify.com/show/5G78WuVz7XydMslggQeL0B?si=6b5b946b954d496e

Podigee
https://sehnsucht-nach-freiheit.podigee.io/

Audible
https://www.audible.de/podcast/Sehnsucht-nach-Freiheit-Texte-aus-dem-Sudan/B0CY95PNDB?qid=1713281578&sr=1-1&ref_pageloadid=not_applicable&ref=a_search_c3_lProduct_1_1&pf_rd_p=e54013e2-074a-460e-861f-7feac676b789&pf_rd_r=Q6K15WP4JBGAQJCCZXR7&pageLoadId=mU9JJ1LwqTjgIArL&creativeId=41e85e98-10b8-40e2-907d-6b663f04a42d

 

Biografische Angaben der Autor*innen

Ishraga Mustafa Hamid, geboren 1961 in Kosti in der Region Weißer Nil, verließ 1989 aus politischen Gründen den Sudan, studierte in Wien Publizistik und Politikwissenschaft, promovierte 2006, arbeitet als Schriftstellerin, engagiert sich für Migrant*innen und ist Beauftragte für arabische Literatur im Österreichischen PEN, 2020 erhielt sie das goldene Verdienstzeichen des Landes Wien.

Tanzil Abu al-Qassim Umar, geboren 2001 in Kosti in der Region Weißer Nil, studiert Medizinische Laborwissenschaft.

Hassanat Adam Omar Muhammed, geboren 1997 in Dawra in der Region Darfur, studiert Lebensmitteltechnologie.

Sakina Siraj Uthman Hussain, geboren 1992 in Portsudan in der Region Ostsudan geboren, studierte Computertechnologie und arbeitet in dieser Branche.

Asa’d Abd al-Wali Ahmed, geboren 2002 in ad-Demazin in der Region Blauer Nil, studiert Medizin.

Ghada Yassir Abbas, geboren 2003 in Kosti, in der Region Weißer Nil, studiert Medizin.

Kalthoum Fadlalla, geboren 1970 in Südkordofan in den Nuba-Bergen, lebt heute in Khartum. Der Text ist ihrem autobiografischen Buch „Biografie der Liebe“ entnommen.

Hana’a Muhammed Abd al–Rahman, geboren 2005 in Kosti in der Region Weißer Nil geboren, Schülerin.

Projekt Autor:innenstipendien, 12.07.2023, Bild 1
Projekt Autor:innenstipendien, 12.07.2023, Bild 2

23. Dezember 2022

Am 6. April und am 1. Juni 2022 wurden Erzählungen aus dem von der Schriftstellerin Dr. Ishraga Mustafa Hamid initiierten Malkat Ed-Dar-Literaturstipendium in Münster vorgestellt. Das Literaturstipendium ist nach der ersten Sudanesin benannt, die in den 1950er Jahren einen Roman veröffentlichte.

Dr. Enrico Ille und Ahmed Ibrahim übersetzten die Erzählungen aus dem sudanesischen Arabisch ins Deutsche. Themen sind die sudanesische Revolution von 2019, Widerstand gegen das Militärregime, Erfahrungen von Gewalt und Missbrauch, Gleichberechtigung und Umweltprobleme. Die Texte wurden in einer Anthologie im Sudan veröffentlicht. Für die Tonaufnahmen in deutscher Sprache wählten Dr. Ishraga Mustafa Hamid und der Literaturwissenschaftler Omer Othman sieben Erzählungen aus.

Diese Texte sind Versuche, Worte für – auch schreckliche und schockierende – Erfahrungen zu finden, Hoffnung ist selten enthalten. Sie sind eine Art Bestandsaufnahme, der Weg zur Veränderung scheint noch weit. Aber jede Veränderung beginnt mit dem ersten Schritt, beginnt mit dem Erkennen und Beschreiben von Zuständen, die „anders“, „besser“ werden sollen. So verbinden wir – die Herausgeber*innen – mit der Veröffentlichung dieser Texte die Hoffnung, dass dem ersten Schritt weitere folgen. Wir hoffen auch, dass die Menschen im Sudan, die so mutig für Freiheit, Demokratie und ein selbstbestimmtes Leben kämpfen, mehr Solidarität und Unterstützung aus Deutschland bekommen.

Unter dem Titel „Sehnsucht nach Freiheit – Texte aus dem Sudan“ wurden die Erzählungen auf Deutsch von Sarah Giese eingelesen. Sie übernahm auch die Tontechnik. Den Texten vorangestellt ist das Gedicht „Sechster April“ von Ishraga Mustafa Hamid aus ihrem Gedichtband „Und trotzdem singe ich“ (Milena Verlag, Wien, 2003). Es bezieht sich auf den 6. April 1985, dem Sturz des Diktators Numeiri.

Das Kulturamt und der Beirat für kommunale Entwicklungszusammenarbeit der Stadt Münster förderten die Übersetzung und die Tonaufnahmen.